Mittwoch, 17. Januar 2007

Prüfungsphasen

Es ist doch erstaunlich, in was für einem emotionalem Spektrum man sich in der Vorbereitungsphase zu einer wichtigen Prüfung bewegt. Mein Gemütszustand in den letzten drei Monaten hat eine große Variationspalette zu bieten. Ein Verhaltensforscher hätte seine Freude daran gehabt, sie zu beobachten...
In der Anfangsphase machte sich zunächst eine erhebliche Trägheit breit. Ein kaum zu bewältigender Berg an Lernstoff bot sich mir in seiner vollen Pracht. Wie sollte ich den bewältigen??? Naja, half ja alles nichts... Nachdem man den geplanten Lernbeginn sukzessive weiter nach hinten verlagert hatte, musste man dann doch irgendwann mal anfangen. Man konnte ja nicht jeden Abend in der Kneipe verbringen. Das schlechte Gewissen, gepaart mit guten Vorsätzen führte dann dazu, dass man dann doch irgendwann mehr oder weniger regelmäßig in der Bib saß und das Schwungrad kam nach und nach ins Laufen.
Merkte man, dass mit der Zeit einiges hängen blieb, so machte sich Euphorie breit. "Ist doch alles halb so wild- andere habens ja auch geschafft. Wird schon klappen..." Das fatale an solchen Momenten ist mein Bedürfnis, sich meist im Anschluß an solch eine Erkenntnis belohnen zu müssen, was dann das ein oder andere mal doch wieder wahlweise im Haddocks, im Hafeneck oder im Cat endete. Das hatte zur Folge, dass am nächsten Tag ein Mistvieh namens Kater vor der Tür stand und fröhlich mit seiner Tatze gegen meinen Kopf hämmerte. "Scheiß drauf- heute lern ich nichts", waren in solchen Momenten meine Lieblingsaussagen.
Wenn Kollege Kater sich dann wieder verpisst hatte, gelangte kam man zum Schluß- so geht das nicht, in Relation zum Gesamtaufwand ist doch noch sau viel zu tun. Ab heute wird alles anders. Kein MP3 Player mehr auf dem Weg zur Arbeit, keine Zeitung! Ab jetzt nur noch Lernunterlagen in der S-Bahn. Eine Zeit lang fruchteten die guten Vorsätze auch. Ich kam voran, der Berg wurde kleiner. Der Kurztrip in die Alpen wurde wieder mit Belohnungsrechtfertigungen untermauert. Dennoch lag ich ganz gut in der Zeit. Zeitweise zeigten sich aber auch wieder wunderbare Übersprungshandlungen: Ich könnte jetzt ja doch mal mein Zimmer aufräumen, CD Covers im Netz für meine MP3s suchen oder was schönes für die Oma basteln, die ich nicht mehr habe.
Dann kam erst mal Weihnachten...kurz darauf folgte Sylvester...Leider beides Feierlichkeiten, an denen dann meist doch etwas Alkohol im Spiel ist. Da ich mir kurzzeitig überlegt habe, mir Inkonsequenz auf den Arsch tätowieren zu lassen, kann man sich vorstellen, was das bedeutete. Das neue Jahr war da, und ich merkte: Scheiße, bald ist es soweit! Also zeigt man dann doch Mut zur Lücke und behandelt das ein oder andere Thema doch nur rudimentär, weil man denkt, anders ist es doch gar nicht zu schaffen.
Letzte Woche war ich dann doch irgendwann durch mit dem Stoff und begann zu wiederholen. Komischerweise war ich so gut wie gar nicht aufgeregt. Ich merkte aber auch, wie sich ziemlich viel Unsinn in meinem Kopf breit machte und meine Stimmung zwischen entspannter Gelassenheit und alberner Flausen bewegte. Seit gestern schwirren mir nun dauernd irgendwelche Worst-case Szenarien im Kopf rum und mein sonst vorhandener elemtarer Optimismus verwandelt sich in Gedanken wie "scheiße, ich versage morgen wie Uli Hoeneß 1976 in Belgrad". Jetzt bin ich vom Laufen wieder gekommen, denke mir, alles wird morgen halb so wild und es wird schon klappen. Komische Achterbahnfahrt, wie gesagt...
Auf jeden Fall steht morgen dann zu recht das ein oder andere Bierchen zur Belohnung an. Übrigens hab ich mich letzte Woche schon im Voraus belohnt und hab mir ein neues Baby zugelegt...

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